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Realistische Stundensätze kalkulieren

Eines der großen Probleme kleiner Unternehmer - und insbesondere Jungunternehmer - ist die Ermittlung eines "geschäftsfähigen Einkommens".

Dabei spielt uns eine einfache - aber kreuzgefährliche - Sache einen bösen Streich: Der Horror mit den Stundenlöhnen.

Wer von uns war nicht verblüfft oder sogar verärgert, wenn der Handwerker für das bisschen Arbeit gleich mal 30, 40 oder sogar 50 Euro Stundenlohn verlangte? Und wer war nicht sogar richtig grantig, wenn der Berater für seinen Einsatz mal eben 100 oder sogar 150 Euro pro Stunde veranschlagte?

Und wer hat dann nicht selbst mal durchgerechnet, dass er dann ja nur noch eine Woche pro Monat arbeiten müsste ... und gar nicht mehr wüsste, was er dann mit der vielen Freizeit anfangen würde?

Da liegt ein Gedanke doch wirklich nahe: Warum also nicht selbständig machen und mit günstigen Preisen alle habgierigen Konkurrenten aus dem Feld schlagen?

Genau an dieser Stelle stolpern viele Gründer - teilweise mit katastrophalen Folgen für ihr Unternehmen...

Die Angestellten-Perspektive

Wenn du angestellt bist oder warst, kennst du es: Jeden Monat klingeln 1.500 oder sogar 2.000 Euro in der Kasse. Das macht dann einen Durchschnittslohn von rund 9 - 12 Euro pro Stunde. Ein Dienstleister - vom Hausmeister bis zum Unternehmensberater, vom Webseiten-Entwickler bis zum Friseur - verlangt aber mindestens 20, oft noch weit jenseits von 50 Euro pro Stunde.

Ist das nicht absurd viel Geld?

Machen wir es kurz: Nein, ist es nicht! ... Denn er ist nicht Arbeitnehmer, sondern sein eigener Arbeitgeber, und der hat ...

Die Arbeitgeber-Perspektive

Als Arbeitgeber und natürlich auch als Selbständiger (der bekanntlich sein eigener Arbeitgeber ist), musst du mit anderen Kosten rechnen:

Auf  die 9 - 12 Euro Stundenlohn kommen zusätzliche Steuern und Abgaben in Höhe von insgesamt etwa 100% des Nettolohnes eines Angestellten. Und das bedeutet, dass du ganz locker pro Stunde auf 18 - 25 Euro kommst, um dir den Netto-Lohn von 9 - 12 Euro zahlen zu können.

Und darin sind noch keine

  • Fehlzeiten (auch du fällst mal aus)
  • Krankheitstage (ja, auch dir kann das passieren)
  • Leerlaufzeiten (das ist die Zeit, in der du kein Geld verdienen kannst, weil du Kunden akquirierst, auf Messen rumhängst, Weiterbildungen besuchst, etc.)
  • und andere Kosten enthalten.

Und auch betriebsbedingte Anschaffungen, also Werkzeuge, Geräte, Bücher, und ... und ... und ... sind ebenfalls nicht einkalkuliert. (Auch dem Hausmeister gehen Werkzeuge kaputt. Und die muss er nachkaufen können, sonst kann er seinen Laden zumachen.)

Kurz und knapp: Kalkulierst du bei einem gewünschten Netto-Einkommen von 9 - 12 Euro pro Stunde unter 30 Euro, kannst du sicher sein, dass du bald über gewaltige finanzielle Probleme nachdenken musst. Und das neben all den anderen Problemen, die die Selbständigkeit mit sich bringt. Und auch neben der Überlegung, dass das Gewinnen von Kunden zunächst einmal einen ganzen Haufen Geld kostet, bevor diese bereit sind, ihr Geld bei dir zu lassen....

Die (halbwegs) sichere Kalkulation

Um (halbwegs) sichere Stundensätze zu kalkulieren, müssen wir erst aufs Jahr hoch- und dann wieder auf die Stunden herunter rechnen. So bekommen wir auch die oben genannten Fehl-, Leerlauf-, Urlaubs- und Krankheitstage halbwegs in den kalkulatorischen Griff:

Also: Wir hatten festgestellt, dass du etwa 15 Euro netto pro Stunde haben möchtest. Das bedeutet, dass du ca. 2500 Euro netto im Monat als Einkommen zur Verfügung hast.

Rechnen wir es durch:

2500 Euro netto = ca. 5000 Euro brutto pro Monat erforderlich = 60.000 Euro brutto pro Jahr erforderlich

Abzüglich der

  • Wochenenden (104 Tage)
  • Feiertage (10 Tage)
  • Urlaub (25 Tage)
  • Krankheitszeiten (5 Tage)

bleiben 221 Arbeitstage im Jahr. (Hier kalkulieren wir KEINE Leerlauf-Zeiten!)

Pro Tag brauchst du folglich ein Einkommen von 60.000 / 221 = 271 Euro (brutto) pro Tag = 33 Euro (brutto) pro Stunde

Darunter geht es einfach nicht, denn hier sind weder betriebsbedingte Anschaffungen, noch Leerlauf-Zeiten, also Zeiten ohne zu erwartende Einnahmen (Kunden-Akquise, Messen, Weiterbildungen, etc. pp) eingeplant. Und wer anderes behauptet, der schwindelt sich selbst in die Taschen - oder er lebt nur für die Arbeit und kann ansonsten bei trocken Brot und Wasser unter der Brücke leben...

Noch sichere Kalkulations-Tipps

Dienstleister

Als Dienstleister brauchst du gar nicht erst zu hoffen, dass du 100% deiner Arbeitszeit als "fakturierbare Zeit" verbringst; also die gesamte Zeit Kunden in Rechnung stellen kannst. Bei sehr guter Auslastung wirst du eher rund 75% deiner Arbeitszeit in Rechnung stellen können. Im Normalfall wirst du dich aber bei 40 - 60% bewegen.

In der restlichen Zeit wirst du dich mit der Gewinnung von Kunden, der Betreuung von Kunden, dem Schreiben von Rechnungen und Angeboten, der allgemeinen Buchführung, der Reparatur und Pflege deiner Arbeitsmittel, der Weiterbildung und zahlreichen anderen Dingen beschäftigen...

Alle Selbständigen & Unternehmer

Darüber hinaus solltest du ALLE Kosten einbeziehen. Das betrifft auch die Anschaffung von Geräten, Büroausstattungen, Verbrauchsmaterial, Mieten für Gewerberäume, Löhne für Aushilfen, Ausgaben für dein Auto (mit dem du zu den Kunden fahren musst), ... etc. pp. Realistisch solltest du hier 15 - 20% deines Einkommens für diese Ausgaben einplanen.

Für B2C-Unternehmer (B2C = Business to Customer = "Verkäufer an Endverbraucher")

Denke unbedingt daran, dass du die Umsatzsteuer (derzeit 19%) in deine Stundenlöhne einbeziehen musst, denn diesen Satz wird das Finanzamt von dir verlangen! Also musst du noch einmal 20% auf deinen Stundensatz aufschlagen!

 

Wenn wir das alles zusammenrechnen, kommst du - je nach eigener Risiko-Bereitschaft - auf Stundensätze von 50 - 80 Euro --- und das nur, um am Ende und unter dem Strich 9 - 15 Euro netto in der Kasse klingeln zu hören. ... Und natürlich wirst dann DU die blöden Sprüche der Unwissenden hören:

WHAAAAAT?! 50 Euro?! Pro Stunde?!
Willst du dich an mir dumm und dusselig verdienen, oder was?!

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