"War ja klar! Igendwann nervt er mich mit grässlichen Abkürzungen!"
Das stimmt: Eigentlich wollten wir es vermeiden, merkwürdige Fachbegriffe und grässliche Abkürzungen zu verwenden, aber diese beiden sind so fundamental, dass du sie dir wirklich einprägen, in den Schreibtisch einritzen oder (besser: und) an die Wand sprayen solltest.
TCO = Total Cost of Ownership Diese Abkürzung gibt Antworten auf die Fragen "Was kostet mich die Anschaffung insgesamt, also über den reinen Kaufpreis hinaus? - Mit welchen Gesamtkosten - einschließlich Schulung, Pflege, Wartung, etc. pp. muss ich wirklich rechnen?"
Es soll ja Leute geben, die glauben, dass es reicht, wenn sie den reinen Kaufpreis einer Anschaffung kennen. Und im Privatleben mag das meistens auch zutreffen. Im unternehmerischen Dasein unterwerfen wir aber alles, was wir machen, einer einzigen Frage:
Und damít wir es leichter haben, machen wir es an einem Beispiel fest:
Stelle dir vor, du brauchst EDV (Computer, Drucker, und all das Zeug) für dein Unternehmen. Du hast dir die Computer schon zugelegt und überlegst nun, welche Büro-Software die richtige ist.
Soll es Open Office sein? (Das gibt es kostenlos.) - Oder nimmst du doch das teure Microsoft Office? (Das kostet, je nach Umfang, zwischen 100 und 500 Euro)
Auf den ersten Blick scheint die Antwort eindeutig zu sein: Allein der Kaufpreis (hier kostenlos - dort mindestens 100 Euro) gibt eine klare Antwort. ... Aber ist es auch aus unternehmerischer Sicht immer so eindeutig?
"Wie jetzt?! Ist das nicht der Kaufpreis ... und gut ist?!"
Als privater Nutzer ist es uns meistens ziemlich egal, welche Folgekosten entstehen: Die allermeisten dieser Kosten bügeln wir mit "Egal!" oder "Na und?! Ich habe doch genug Zeit, die Gebrauchsanweisung zu lesen!" einfach platt. In der Geschäftswelt haben wir aber andere Anforderungen. Hier interessiert uns nicht nur der reine Anschaffungspreis, sondern auch, was es kostet, die Anschaffung zu unterhalten und ihr so viele Mehrwerte abzuringen, dass sie uns bald in die Gewinnzone bringt.
Deshalb müssen wir uns dabei mit ALLEN KOSTEN beschäftigen, die im Laufe der
anfallen.
Diese Kosten sind sehr unterschiedlicher Natur, weshalb wir einfach mal unser oben genanntes Beispiel ("Open Office" oder "Microsoft Office") weiterführen. Deine Aufgabe ist es, für deine eigenen Anschaffungen alle Kostenfaktoren zu finden und in die entsprechenden Anschaffungs-Überlegungen einfließen zu lassen.
Kosten, die sich schwer beziffern lassen, solltest du mit pauschalierten (= durchschnittlichen, geschätzten) Umsatzverlusten aufrechnen. Beispielsweise ist es schwer zu beziffern, wie viele deiner Kunden nicht das Open Office nutzen und dennoch Schwierigkeiten haben werden, deine Dateien nutzerfreundlich anwenden zu können. Dennoch wirst du davon ausgehen müssen, dass Kunden, die dein Angebot nicht öffnen können, nicht immer so freundlich sind, dich auch darauf hinzuweisen. Im Gegenteil. Vielfach ignorieren sie dann deinen Versuch, mit ihnen Umsatz zu machen und kümmern sich lieber um die Anbieter, deren Angebote sie lesen können...
Erst die SUMME ALLER KOSTEN stellt dir deine TCO, also deine "Gesamtkosten während des Betriebes", eindeutig dar.
Das war jetzt viel Holz. Deshalb machen wir es an einem Praxis-Beispiel fest:
Microsoft Office Die Anschaffung schlägt mit 175 Euro pro Benutzer (= wir nehmen 5 Benutzer an) zu Buche. Da alle Mitarbeiter schon seit vielen Jahren mit Word, Excel, Outlook und Co. vertraut sind, benötigen wir keine Schulung. Die Software wird vom externen Administrator betreut, der schon unsere Windows-Server und Desktop-Computer pflegt und deshalb selbst mit Microsoft Office vertraut ist.
Open Office Die Anschaffung ist kostenfrei. Auch hier nehmen wir 5 Benutzer an. Da die Mitarbeiter aber schon seit vielen Jahren Microsoft Office nutzen, wollen wir die Einarbeitungszeit verkürzen und planen eine Schulung (1 Tag) ein, die von einem externen Trainer gehalten wird. Die Software wird auch hier von unserem externen Admin betreut, der schon unsere Server und Desktop-Computer pflegt.
In diesem Fall sieht die Rechnung wie folgt aus (Beispielrechnung! - Muss nicht zwingend auf dich zutreffen!):
Wo wir eben noch felsenfest überzeugt waren, dass das Open Office eindeutig der Gewinner dieser Messung und Bewertung ist - Immerhin ist es doch kostenlos! -, stellen wir nun ernüchtert fest: Ohne den genauen Blick hätten wir mal eben fast 500 Euro in den Sand gesetzt. Und hier sind Kompatibilitätskosten und Produktivitätskosten noch nicht bzw. nur teilweise eingeflossen...
Natürlich ist das nur ein plakatives Beispiel: Allerdings zeigt es dir sehr deutlich, dass nicht immer richtig ist, was zunächst "gefühlt wahr" zu sein scheint. Und als Unternehmer solltest du deshalb NIEMALS auf gefühlte Hoffnungen vertrauen, sondern JEDE Anschaffung
auf ihre tatsächlichen Gesamtkosten, also ihre TCO, abklopfen!
Als Privatpersonen ist es uns meistens ziemlich egal - als Unternehmer wollen wir es aber ständig wissen: Wann rechnet sich unsere Investition? Wann haben wir die Kohle wieder raus? Ab wann mache ich mit dieser Investition wirklich Gewinn?
Und dazu gibt es eine - im Grunde sehr einfache - Formel:
Rendite (ROI) = Gewinn / Kapitaleinsatz
Der Kapitaleinsatz ist klar, nachdem wir die TCO bestimmt haben, aber wie ermitteln wir den Gewinn?
Und in der Tat ist das wieder mal "so ein individuelles Ding", hängt doch alles von deinem aktuellen IST-Zustand ab. Deshalb machen wir es an einem Beispiel fest:
Derzeit schreiben deine Mitarbeiter die Angebote, Aufträge, Rechnungen und Briefe an deine Kunden auf einer Schreibmaschine. Dabei schaffen sie pro Stunde ein Angebot oder eine Rechnung. Du überlegst nun, dir eine Büro-Software zuzulegen, mit der deine Mitarbeiter ihre Aufgaben schneller erledigen können. Diese Software wird für deine 5 Mitarbeiter rund 2.000 Euro (TCO) kosten. Zugleich bist du sicher, dass sie damit 2 Angebote oder 2 Rechnungen pro Stunde schaffen können, so dass du 50% der Mitarbeiter in anderen Aufgaben - beispielsweise der Kundengewinnung - einsetzen kannst.
(Der Einfachheit halber rechnen wir sie hier als "Freistellung", reduzieren also ihren Lohnanteil von derzeit 22 Euro brutto pro Stunde entsprechend. Tatsächlich würdest du sie irgendwo anders einsetzen, wo sie erneut Kosten erzeugen und - hoffentlich - Gewinne produzieren, so dass du weitaus umfangreicher kalkulieren musst. Aber für unser erstes Beispiel soll es als Veranschaulichung der Wichtigkeit reichen.)
Wir rechnen also:
Alte Kosten = 22 Euro (pro Stunde) x 1 Stunde x 5 Mitarbeiter = 110 Euro für fünf Angebote oder fünf Rechnungen Neue Kosten = 22 Euro (pro Stunde) x 1 Stunde x 2,5 Mitarbeiter = 55 Euro für fünf Angebote oder fünf Rechnungen
Alte Kosten = 22 Euro (pro Stunde) x 1 Stunde x 5 Mitarbeiter = 110 Euro für fünf Angebote oder fünf Rechnungen
Neue Kosten = 22 Euro (pro Stunde) x 1 Stunde x 2,5 Mitarbeiter = 55 Euro für fünf Angebote oder fünf Rechnungen
Du sparst also hier 55 Euro pro Stunde. Folglich hast du bereits nach 36,4 Stunden deine Investitionskosten wieder eingespielt. Eine glasklare Aussage, nicht wahr?! Schon nach einer Woche beginnt deine Anschaffung, dir Stunde für Stunde 55 Euro in die Kassen zu spülen (oder genauer: Sie sorgt dafür, dass sie nicht aus der Kasse genommen werden müssen. ;) )...
Das ist nicht immer so einfach zu kalkulieren, manchmal sind es sogar steigende oder fallende Kurven, die du einplanen musst. Und schon gar nicht ist es immer so schnell, wie in unserem - zugegeben sehr plakativen - Beispiel.
Deshalb ist es wirklich wichtig, dass du dir den ROI für jede deiner Anschaffungen durchrechnest! Und erst dann entscheide, welche Anschaffung - insbesondere, wenn du die Wahl zwischen verschiedenen Alternativen hast - du tatsächlich machen willst.